Vorgehensweise

Unser Forschungsprojekt zum Klang der Sächsischen Staatskapelle Dresden sucht nach Charakteristika eines Klangphänomens und danach, diese zu beschreiben.

Durch seinen komplexen Ansatz subsumiert das Projekt zahlreiche Einzelstudien sowie partiell bereits geleistete archivalische Erschließungen und führt durch die Möglichkeit der Verknüpfung der Datensätze zu einer ganz neuen Qualität von Darstellung und Erforschung historischer Sachverhalte.

Im Besonderen dienen die Ermittlungen der Flankierung der Arbeit der Sächsischen Staatskapelle, nicht zuletzt durch eine wissenschaftlich-künstlerische Erschließung historischer Aufführungspraktiken. In dieser Verknüpfung wissenschaftlicher und künstlerischer Aspekte hat das Projekt innerhalb der Kultur-/Musikwissenschaft Pilotcharakter.

Die Beschreibung des Klangbildes benötigt eine multiperspektivische Annäherung, die über reine Primärquellenforschung hinausgeht. So untersuchen und rekonstruieren wir das Klangphänomen hinsichtlich folgender Kategorien, wobei jede Komponente eine spezifische Erhebung und Auswertung erfordert, um das Gesamtbild zu komplettieren:

Primär- und Sekundärquellen

Die Aufarbeitung und Auswertung von Textzeugnissen erfolgen nach bewährten archivalischen Standards und historisch-kritischer Methodik der Geisteswissenschaften. Historische Konzertzettel und Programmhefte, Tagebücher und Korrespondenzen, Notenbestände, Rezensionen einschlägiger Zeitschriften und Zeitungen, Instrumentenverzeichnisse und Tonaufnahmen sowie Interviews mit Zeitzeug*innen können Auskunft über etwas geben, was heute so nicht mehr existiert, geschweige denn hörbar wäre. Die Systematisierung und Verknüpfung dieser Daten liefert die Basis für computergestützte Auswertungen, sowohl was Text- als auch Tondokumente angeht. Erfahren Sie mehr

Instrumente

Die Erfassung des Instrumentariums macht einen bedeutungsvollen Teil unserer Forschung aus. Für die Erstellung der Datenbank werden Instrumentenbestände erschlossen und unter drei Schwerpunkten ausgewertet: Instrument/Objekt, Historie, Klang. Erfahren Sie mehr

Tonaufnahmen

Tondokumente, die den Klang der Sächsischen Staatskapelle Dresden im Originalton wiedergeben, gibt es erst seit den 1920er Jahren. Das erkenntnistheoretische Problem der Unhörbarkeit noch früherer Zeiten erfordert also eine Vorgehensweise, bei der wir zumindest in Ansätzen einen Zugang zur akustischen Vergangenheit erhalten. Auch wenn die performativen Parameter nicht im Tonträger festgehalten werden können, so lassen sich doch etliche Spezifika des Klangbildes herausstellen. Demnach werden alle verfügbaren Aufzeichnungen erfasst, veröffentlichte - wenn zugänglich auch unveröffentlichte - Metadaten der Datenbank zugeführt und gleichzeitig zeitgenössische Interviews als Zeitzeugenberichte in einer internen Mediathek angelegt und hinsichtlich ihrer klangbeschreibenden Aussagen ausgewertet. Erfahren Sie mehr

Die spektrogrammbasierte Analyse von Tonaufnahmen beschreibt ferner einen weiteren Ansatz innerhalb des Projektes. Mittels computergestützter Auswertungs- und Visualisierungsverfahren können Klangphänomene wie signifikante agogische Ausdifferenzierungen oder das Einschwingverhalten bestimmter Instrumentengruppen jenseits vom bloßen Hörerlebnis und der zwangsläufig sekundären verbalen Rezeption in Frequenzdiagrammen dargestellt und mit anderen Tonaufnahmen ins Verhältnis gesetzt werden.

Oral History

Ergänzend führen wir im Zeitrahmen des Forschungsprojekts Interviews mit Kapellmusiker*innen der Sächsischen Staatskapelle Dresden, Dirigent*innen, Kritiker*innen und Kolleg*innen. Insbesondere in Bezug auf die Rekonstruktion von Aufführungssituationen und Spielpraxis ist die Befragung von Zeitzeugen zielführend. Diese geben Aufschluss über Faktoren wie Traditionen, Orchesterschule, Ausbildung, Probespielauswahl, spezifische Einzelheiten zu Klangvorstellungen und Performanztechniken der einzelnen Solisten oder Instrumentengruppen. Im Menüpunkt “Spurensuche” finden Sie einzelne Clips dieser audiovisuell festgehaltenen Gespräche, die – thematisch geordnet - an dieser Stelle sukzessive den Besucher*innen dieser Webseite zur Verfügung gestellt werden. Erfahren Sie mehr

Klangbeschreibungsanalysen

Klangbeschreibungen, wie sie aus historischen Kritiken und anderen Zeitdokumenten aber auch aus den oben beschriebenen Gesprächen mit Musiker*innen und Rezipient*innen extrahiert werden können, bilden die Grundlage für einen im Rahmen dieses Projektes beschrittenen Weg, um Klang rekonstruier- und analysierbar zu machen. Wie klang die Königliche Hofkapelle 1876 unter Ernst Schuch im Interimsbau (der sogenannten „Bretterbude“)? Durch die systematische Verschlagwortung und semantische Auswertung von klangbeschreibenden Aussagen sowie die Verknüpfung dieser mit den erfassten Personen-, Werk und Aufführungsdaten und dem benutzten Instrumentarium lassen sich (auf der Basis groß angelegter Datensammlungen) erstmals valide Erkenntnisse zur Repertoiregestaltung, zur Spielpraxis, zum Instrumentarium, zur Ensemblestruktur und schließlich zu bis in die Gegenwart reichenden Traditionslinien hinsichtlich eines vielbeschworenen Klangideals erzielen. Erfahren Sie mehr